Nancy Fraser, eine der führenden Theoretikerinnen des amerikanischen Feminismus, setzt sich in ihrer neuen Studie mit der derzeitigen Situation der Linken nach dem Zusammenbruch des Sozialismus auseinander. Fraser zufolge befinden wir uns im Zeitalter des „Postsozialismus“, für den der Mangel an zukunftsorientierten Perspektiven, ein wiedererstarkender Wirtschaftsliberalismus und insbesondere die Entkoppelung der Identitätspolitik von der Sozialpolitik konstitutiv sind. Dieser Wechsel von...
Nancy Fraser, eine der führenden Theoretikerinnen des amerikanischen Feminismus, setzt sich in ihrer neuen Studie mit der derzeitigen Situation der Linken nach dem Zusammenbruch des Sozialismus auseinander. Fraser zufolge befinden wir uns im Zeitalter des „Postsozialismus“, für den der Mangel an zukunftsorientierten Perspektiven, ein wiedererstarkender Wirtschaftsliberalismus und insbesondere die Entkoppelung der Identitätspolitik von der Sozialpolitik konstitutiv sind. Dieser Wechsel von einer Politik der sozioökonomischen Umverteilung zugunsten einer Politik der Anerkennung von ethnischer und religiöser Differenz droht die Linke in den USA in eine „soziale“ und eine „kulturelle“ Linke zu spalten und wird daher in Die halbe Gerechtigkeit einer kritischen Überprüfung unterzogen.
Fraser zeigt auf, wie Ansprüche auf kulturelle Anerkennung mit Forderungen nach ökonomischer Umverteilung in ein umfassendes politisches Projekt integriert werden können, was die Vorbedingung für die Herstellung von Gerechtigkeit, insbesondere hinsichtlich des Geschlechterverhältnisses, darstellt. Sie liefert damit nicht nur einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion über das Verhältnis der Linken zur Postmoderne, sondern bietet auch eine Alternative zur gegenwärtigen Ordnung – eine Alternative, die die besten Einsichten des Sozialismus und der Politik der Anerkennung in sich vereint.