Wer über Jahre die Arbeiten Friederike Mayröckers verfolgt, glaubt, gewisse Wiedererkennungsinseln zu sichten – die Kindheit in Deinzendorf in Niederösterreich, Vater und Mutter, bestimmte Auoren und Maler (Breton, Eluard, Jean Paul, Max Ernst, Dalí) –, aber bei genauerem Hinschauen erweisen sie sich als Bojen, die nur den Spielraum markieren, in dem sie sich bewegen [...]. Der »Spalt zwischen den Wörtern«, durch den »eine andere, geheimnisvolle, fremde Welt« hindurchleuchtet, treibt etwas...
Wer über Jahre die Arbeiten Friederike Mayröckers verfolgt, glaubt, gewisse Wiedererkennungsinseln zu sichten – die Kindheit in Deinzendorf in Niederösterreich, Vater und Mutter, bestimmte Auoren und Maler (Breton, Eluard, Jean Paul, Max Ernst, Dalí) –, aber bei genauerem Hinschauen erweisen sie sich als Bojen, die nur den Spielraum markieren, in dem sie sich bewegen [...]. Der »Spalt zwischen den Wörtern«, durch den »eine andere, geheimnisvolle, fremde Welt« hindurchleuchtet, treibt etwas hervor, das den Unterschied zwischen Schreiben und Lesen aufhebt. Der für Friederike Mayröcker wichtige Roland Barthes hat einemal bemerkt, daß beim Lesen die Gedanken ständig abgleiten und daß dadurch ein amorpher gegentext immer mitläuft, der das Geschriebene durchkreuzt. Diesen »mitgelesenen« Gegen- oder Zwischentext an die Textoberfläche zu ziehen scheint eines der Hauptverfahren des Mayröckerschen Schreibens überhaupt und von "Stilleben" im besonderen zu sein. Daher die Abwehr gegen alles Anekdotische, Narrative, ja gegen einen Erzählfluß überhaupt, weil das das Aufmerken auf die Wörter selbst, ihre gewissermaßen autoverbale Energie vergessen ließe. Solche Energie stammt freilich nicht mehr (oder nur noch gelegentlich) aus den alten experimentellen Techniken, sondern kommt aus einer gewissermaßen vegetativen Offenheit für Zwischenzustände. (Klaus Reichert)
Diese Ausgabe versammelt alle von Friederike Mayröcker als abgeschlossen, gültig, angesehenen Prosaarbeiten aus einem Zeitraum von über fünfzig Jahren. Beginnend mit Texten vom Ende der vierziger...
Es wäre ein fadenscheiniges Unterfangen, wollte man angesichts Friederike Mayröckers zwischen 1949 und 1977 entstandenen Prosaarbeiten ein geschlossenes Gesamtbild suggerieren. Zu unterschiedlich...
Vieles von dem, was einst nur tastend zueinanderfand, vermittelt im nachhinein den Eindruck einer kompakten Formation. Auch die Prosa Friederike Mayröckers, die uns in dieser Ausgabe wie ein...
Friederike Mayröcker wurde am 20. Dezember 1924 in Wien geboren und starb am 4. Juni 2021 ebendort. Sie besuchte zunächst die Private Volksschule, ging dann auf die Hauptschule und besuchte schließlich die kaufmännische Wirtschaftsschule. Die Sommermonate verbrachte sie bis zu ihrem 11. Lebensjahr stets in Deinzendorf, welche einen nachhaltigen Eindruck bei ihr hinterließen. Nach der Matura legte sie die Staatsprüfung auf Englisch ab und arbeitete zwischen 1946 bis 1969 als Englischlehrerin an verschiedenen Wiener Hauptschulen. Bereits 1939 begann sie mit ersten literarischen Arbeiten, sieben Jahre später folgten kleinere Veröffentlichungen von Gedichten.
Im Jahre 1954 lernte sie Ernst Jandl kennen, mit dem sie zunächst eine...
Friederike Mayröcker wurde am 20. Dezember 1924 in Wien geboren und starb am 4. Juni 2021 ebendort. Sie besuchte zunächst die Private...
Klaus Reichert, geboren 1938, emeritierter Professor für Anglistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 1964-1968 Lektor in den Verlagen Suhrkamp und Insel, 2002-2011 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Autor, Übersetzer und Herausgeber (u. a. der Joyce-Ausgabe des Suhrkamp Verlages).
Klaus Reichert, geboren 1938, emeritierter Professor für Anglistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 1964-1968 Lektor...