Der in diesem Jahr erstmalig vergebene Wiesbadener Helmuth Plessner Preis geht an den weltweit bedeutenden kognitionspsychologischen und soziologischen US-amerikanischen Forscher, Michael Tomasello. Die Jury ehrt den Autor als »ein Pionier der Philosophischen Anthropologie im 21. Jahrhundert.«
Weiter heißt es: »Tomasello arbeitet mit differenzierten ontogenetischen Vergleichen zwischen den genetisch so nah verwandten Primatenjungen und Menschenkindern. Damit setzt er in neuer, experimenteller und interpretierender Weise die für die Philosophische Anthropologie Plessners einschlägige Forschungstradition kontrastiver Tier-/Mensch-Vergleiche fort. Er verfolgt experimentalsoziologisch die Differenz der Humanontogenese am Monopol der ›Zeigegeste‹; unter den Primaten lassen sich ausschließlich zwei Menschenkinder untereinander etwas Drittes zeigen beziehungsweise zeigen selbst auf etwas.
Diese starke Kopplung von Objektivität und Intersubjektivität ermöglicht in einer evolutionsgeschichtlichen Besonderung eine ›geteilte Intentionalität‹, die menschliche Lebewesen vor allem durch Sprache zur Kommunikation zwecks Kooperation einsetzen. In der gegenwärtigen soziologischen und philosophischen Auseinandersetzung mit dem dominierenden Naturalismus ist wichtig, dass Tomasello lebendige Natur letztlich als Ermöglichungsstruktur der sozio-kulturellen Welt versteht – und nicht wie der Darwinismus als einen Determinismus und Reduktionismus.
Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und wird alle drei Jahre in Kooperation mit der HPG durch die Landeshauptstadt an Plessners Geburtstag, dem 4. September, verliehen.