Die Regierung des Selbst und der anderen

Die Regierung des Selbst und der anderen I. Vorlesungen am Collège de France 1982/83
Aus dem Französischen von Jürgen Schröder
Die Regierung des Selbst und der anderen
Die Regierung des Selbst und der anderen I. Vorlesungen am Collège de France 1982/83
Aus dem Französischen von Jürgen Schröder
Die letzten Vorlesungen Michel Foucaults am Collège de France sind der parrhesia gewidmet: der freimütigen, öffentlichen, aufbegehrenden Rede. Es ist das große Thema seines späten Denkens: der Mut zur Wahrheit, mit dem das aufrichtige Sprechen in die Politik eingreift. Die Regierung des Selbst und der anderen erschließt das vergessene ethische Fundament der athenischen Demokratie. Der Mut zur Wahrheit konfrontiert Sokrates,...
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Die letzten Vorlesungen Michel Foucaults am Collège de France sind der parrhesia gewidmet: der freimütigen, öffentlichen, aufbegehrenden Rede. Es ist das große Thema seines späten Denkens: der Mut zur Wahrheit, mit dem das aufrichtige Sprechen in die Politik eingreift. Die Regierung des Selbst und der anderen erschließt das vergessene ethische Fundament der athenischen Demokratie. Der Mut zur Wahrheit konfrontiert Sokrates, die strahlende Gründergestalt der abendländischen Philosophie, mit den Kynikern, den selbsternannten Underdogs des Denkens.
"Vorlesung 1
Methodische Bemerkungen. – Studium des Kanttextes: »Was ist Aufklärung?« – Veröffentlichungsbedingungen: die Zeitschriften. – Die Begegnung zwischen der christlichen Aufklärung und der jüdischen Haskala: die Gewissensfreiheit. – Philosophie und Gegenwart. – Das Problem der Revolution. – Die beiden kritischen Nachkommenschaften.
Vorlesung 1
Die Idee der Unmündigkeit: weder natürliche Ohnmacht noch Beraubung von Rechten durch eine Autorität. – Der Ausgang aus dem Zustand der Unmündigkeit und die Ausübung kritischer Tätigkeit. – Der Schatten der drei Kritiken. – Die Schwierigkeit der Emanzipation: Faulheit und Feigheit; angekündigtes Scheitern der Befreier. – Die Triebfedern des Zustands der Unmündigkeit: Überlagerung von Ausübung und Abwesenheit vernünftigen Denkens; Verwechslung von privatem und öffentlichem Gebrauch der Vernunft. – Die problematischen Wendungen am Ende von Kants Text.
Vorlesung 2
Methodische Rückbesinnung. – Bestimmung des Untersuchungsgegenstands des Jahres. – Parrhesia und Kultur des Selbst. – Galens Traktat über die Leidenschaften. – Die parrhesia: Schwierigkeiten der Begriffsbestimmung; bibliographische Anhaltspunkte. – Ein dauerhafter, vielschichtiger, mehrdeutiger Begriff. – Platon vor dem Tyrannen von Syrakus: eine beispielhafte Szene der parrhesia. – Ödipus’ Echo. – Parrhesia versus Beweis/Unterricht/Diskussion. – Das Element des Risikos.
Vorlesung 2
Irreduzible Momente der parrhesiastischen Aussage gegenüber der performativen Aussage: Eröffnung eines unbestimmten Risikos/öffentlicher Ausdruck einer persönlichen Überzeugung/Einsatz des freien Mutes. – Diskurspragmatik und -dramatik. – Die klassische Verwendung des Begriffs der parrhesia: Demokratie (Polybios) und Staatsbürgerschaft (Euripides).
Vorlesung 3
Die Person Ions in der Mythologie und Geschichte Athens. – Der politische Kontext von Euripides’ Tragödie: der Friede des Nikias. – Geschichte der Geburt Ions. – Alethurgisches Schema der Tragödie. – Strukturvergleich zwischen Ion und König Ödipus. – Die Abenteuer des Wahrsprechens in Ion: die doppelte Halblüge.
Vorlesung 3
Ion: Nichts, Sohn des Nichts. – Drei Kategorien von Staatsbürgern. – Folgen des politischen Eindringens von Ion: privater Haß und öffentliche Tyrannei. – Auf der Suche nach einer Mutter. – Die parrhesia, nicht zurückführbar auf die effektive Ausübung der Macht und auf die Statussituation des Staatsbürgers. – Das agonistische Spiel des Wahrsprechens: frei und riskant. – Historischer Kontext: die Auseinandersetzung zwischen Kleon und Nikias. – Kreusas Zorn.
Vorlesung 4
Fortsetzung und Schluß des Vergleichs zwischen Ion und Ödipus: Die Wahrheit geht nicht aus einer Untersuchung hervor, sondern aus dem Aufeinanderprallen der Leidenschaften. – Die Herrschaft von Trugbildern und der Leidenschaft. – Der Aufschrei des Eingeständnisses und der Anklage. – G. Dumézils Analysen zu Apollon. – Erneute Betrachtung der auf Ion angewandten Kategorien Dumézils. – Tragische Modulation des Themas der Stimme. – Tragische Modulation des Themas des Goldes.
Vorlesung 4
Tragische Modulation des Themas der Fruchtbarkeit. – Die parrhesia als Verwünschung: das öffentliche Anprangern der Ungerechtigkeit des Mächtigen durch den Schwachen. – Kreusas zweites Eingeständnis: die Stimme des Bekenntnisses. – Letzte Schicksalswendungen: vom Mordplan zum Erscheinen Athenes.
Vorlesung 5
Erinnerung an Polybios’ Text. – Rückkehr zu Ion: göttliches und menschliches Wahrsprechen. – Die drei Formen der parrhesia: politisch-statusbezogen; gerichtlich; moralisch. – Die politische parrhesia: ihre Beziehung zur Demokratie; ihre Verankerung in einer agonistischen Struktur. – Rückkehr zu Polybios’ Text: das Verhältnis isegoria/parrhesia. – Politeia und dynasteia: die Auffassung der Politik als Erfahrung. – Die parrhesia bei Euripides: Die Phoinikerinnen; Hippolytos; die Bakchen; Orestes. – Orestes’ Prozeß.
Vorlesung 5
Das Rechteck der parrhesia: formale Bedingung/ faktische Bedingung/ Bedingung der Wahrheit/ moralische Bedingung. – Beispiel für das korrekte Funktionieren der demokratischen parrhesia bei Thukydides: drei Reden von Perikles. – Die falsche parrhesia bei Isokrates.
Vorlesung 6
Parrhesia: die übliche Verwendung des Begriffs; die politische Verwendung des Begriffs. Erinnerung an drei beispielhafte Szenen: Thukydides; Isokrates; Plutarch. – Entwicklungslinien der parrhesia. – Die vier großen Probleme der antiken politischen Philosophie: der ideale Staat; die geteilten Verdienste der Demokratie und der Autokratie; die Wendung an die Seele des Fürsten; die Beziehung zwischen Philosophie und Rhetorik. – Studie dreier Texte Platons.
Vorlesung 6
Platons Briefe: Einordnung. – Studie des V. Briefs: die phone der Verfassungen; Gründe für die Nicht-Beteiligung. – Studie des VII. Briefs. – Geschichte Dions. – Platons politische Autobiographie. – Die Reise nach Sizilien. – Warum Platon den kairos, die philia und das ergon annimmt.
Vorlesung 7
Das philosophische ergon. – Vergleich mit dem Alkibiades. – Die Wirklichkeit der Philosophie: die furchtlose Ansprache an die Macht. – Erste Bedingung der Wirklichkeit: die Anhörung, der erste Zirkel. – Das philosophische Werk: eine Wahl; ein Fortgang; eine Anwendung. – Die Wirklichkeit der Philosophie als Arbeit an sich selbst (zweiter Zirkel).
Vorlesung 7
Das Scheitern des Dionysios. – Die platonische Ablehnung der Schrift. – Mathemata versus synousia. – Die Philosophie als Praxis der Seele. – Die philosophische Abschweifung des VII. Briefs: die fünf Elemente der Erkenntnis. – Der dritte Zirkel: der Zirkel der Erkenntnis. – Der Philosoph und der Gesetzgeber. – Abschließende Bemerkungen über die zeitgenössischen Platoninterpretationen.
Vorlesung 8
Die rätselhafte Schalheit von Platons politischen Ratschlägen. – Die Ratschläge an Dionysios. – Die Diagnostik, die Ausübung des Überredens, der Vorschlag einer Herrschaftsform. – Die Ratschläge an Dions Freunde. – Studie des VIII. Briefs. – Die parrhesia am Ursprung des politischen Ratschlags.
Vorlesung 8
Philosophie und Politik: eine notwendige Beziehung, aber eine unmögliche Kongruenz. – Das kynische und das platonische Spiel der Beziehung zur Politik. – Die neue historische Lage: der Gedanke einer neuen politischen Einheit jenseits des Staates. – Vom öffentlichen Ort zur Seele des Fürsten. – Das platonische Thema des Philosophenkönigs.
Vorlesung 9
Wiederholende Bemerkungen zur politischen parrhesia. – Entwicklungspunkte der politischen parrhesia. – Die großen Fragen der alten Philosophie. – Studie eines Textes von Lukian. – Die Ontologie der Veridiktionsdiskurse. – Die Rede des Sokrates in der Apologie. – Das Paradox der politischen Nichteinmischung des Sokrates.
Vorlesung 9
Abschluß der Studie von Sokrates’ Apologie: der Gegensatz parrhesia/Rhetorik. – Studie des Phaidros: allgemeine Gliederung des Dialogs. – Die Bedingungen des richtigen logos. – Die Wahrheit als beständige Funktion des Diskurses. – Dialektik und Psychagogie. – Die philosophische parrhesia.
Vorlesung 10
Das historische Schwanken der parrhesia: vom politischen zum philosophischen Spiel. – Die Philosophie als Praxis der parrhesia: das Beispiel Aristipps. – Das philosophische Leben als Manifestation der Wahrheit. – Die ständige Hinwendung zur Macht. Die Ermahnung aller. – Das Porträt des Kynikers bei Epiktet. – Perikles und Sokrates. – Moderne Philosophie und der Mut zur Wahrheit.
Vorlesung 10
Studie des Gorgias. – Die Pflicht zum Geständnis bei Platon: der Kontext der Liquidierung der Rhetorik. – Die drei Eigenschaften des Kallikles: episteme; parrhesia; eunoia. Agonistisches Spiel vs. egalitäres System. – Die sokratische Rede: basanos und homologia.
Situierung der Vorlesungen
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Personen für Die Regierung des Selbst und der anderen

Paul-Michel Foucault wurde am 15. Oktober 1926 in Poitiers als Sohn einer angesehenen Arztfamilie geboren und starb am 25. Juni 1984 an den Folgen einer HIV-Infektion. Nach seiner Schulzeit in Poitiers studierte er Philosophie und Psychologie in Paris. 1952 begann seine berufliche Laufbahn als Assistent für Psychologie an der geisteswissenschaftlichen Fakultät in Lille. 1955 war er als Lektor an der Universität Uppsala (Schweden) tätig. Nach Direktorenstellen an Instituten in Warschau und Hamburg (1958/1959) kehrte er 1960 nach Frankreich zurück, wo er bis 1966 als Professor für Psychologie und Philosophie an der Universität Clermont-Ferrand arbeitete. In diesem Zeitraum erschien 1961 seine Dissertationsschrift Folie et déraison. Histoire...

Paul-Michel Foucault wurde am 15. Oktober 1926 in Poitiers als Sohn einer angesehenen Arztfamilie geboren und starb am 25. Juni 1984 an den Folgen...

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»Gut lesbar, als ebenso geduldiger wie ideenreicher Durchgang durch die überlieferte Textwelt der Antike angelegt.«
Petra Gehring, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Gut lesbar, als ebenso geduldiger wie ideenreicher Durchgang durch die überlieferte Textwelt der Antike angelegt.«
Petra Gehring, Frankfurter Allgemeine Zeitung

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