Johanna und ihre Tochter Elsa haben eine schwierige Beziehung. Was haben die beiden Frauen trotz ihrer Konflikte gemeinsam?
Johanna und Elsa sind ehrgeizig, erfolgreich und gehen in ihren internationalen Berufen völlig auf, werfen sich aber genau das gegenseitig vor. Auch ihren Konflikt durchleben sie auf ähnliche Weise: Sie leiden unter ihrer Sprachlosigkeit, Sturheit und Einsamkeit, sind jedoch nicht in der Lage, die emotionale Starre zu durchbrechen und aufeinander zuzugehen.
New York City, Jerusalem, Den Haag, Liberias Hauptstadt Monrovia – und Sankt Goar am Rhein: Wieso haben Sie Johanna und Elsa ausgerechnet in die rheinland-pfälzische Kleinstadt zurückkehren lassen?
Meine Protagonistinnen leben im Ausland, sind weltweit aktiv, aber in Deutschland verwurzelt. Deshalb habe ich für meine Rahmenhandlung nach einem urdeutschen Sehnsuchtsort gesucht. So bin ich auf das Mittelrheintal gestoßen. Mit seinen rebenbewachsenen Steilhängen, imposanten Felsen und tausendjährigen Burgen gehört es für mich zu den schönsten Regionen Deutschlands.

Das Loreley-Tal

Blick auf Sankt Goar am Rhein
Blick auf die Weinberge im Loreley-Tal bei Sankt Goar
Was ist Ihr persönlicher Sehnsuchtsort?
Nachdem auch ich mehrere Jahrzehnte an den entferntesten Ecken der Welt gelebt und gearbeitet habe, zieht es mich jetzt immer stärker in die Einsamkeit und Stille der Schweizer Berge.
Ihre Protagonistin Johanna hat fast drei Jahrzehnte für die Vereinten Nationen gearbeitet. Wie hat Ihre eigene Erfahrung bei der UNO den Roman beeinflusst?
Als Sprecherin der WHO war ich oft in Krisengebieten unterwegs und habe hautnah miterlebt, wie (Bürger-)Kriege, Umweltkatastrophen und Epidemien ein Land und seine Menschen traumatisieren und zerstören. Diese Erfahrung hat mich beim Schreiben von Johannas Kapiteln sehr inspiriert.

Melanie Levensohn vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag

Ein Kindersoldat in Liberia
Monrovia, Liberia (2003)
Alle Fotos © Melanie Levensohn