Grit Lemke erhält den Hans-Fallada-Preis 2024 der Stadt Neumünster und würdigt damit insbesondere die 2021 erschienenen Erzähldokumentation Kinder von Hoy.
In der Jurybegründung heißt es: »Grit Lemke weitet in ihrer dokumentarischen Erzählung Kinder von Hoy die Erzählperspektive einer einzelnen Chronistin zum vielstimmigen Kollektiv aus. Sie schafft damit eine eigensinnige wie überzeugende Textform, eine oral history, in der die ehemalige DDR-Musterstadt Hoyerswerda als Ort des Aufbruchs, als Realisierung einer sozialistischen Moderne und dazuhin als Arbeitsort und Kindheitswelt erlebbar wird. Eine hier entstehende Künstler- und Clubszene protokolliert ratlos die nach der Wiedervereinigung einsetzende politische Radikalisierung, die sich aus den bereits seit den 70er Jahren registrierten Keimzellen eines Rassismus gegenüber den in der Stadt lebenden Vertragsarbeitern entwickelt. Lemkes dokumentarische Nüchternheit lässt diese Entwicklung greifbar werden, lässt einzelne Deutungen aufblitzen, ohne diese im eigenen Sinne abschließen zu wollen. Sie rekonstruiert uns die Topographie ihrer weithin fremd gewordenen Kindheitslandschaft.«
Der Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster wird seit 1981 zweijährlich verliehen, er ist mit einem Preisgeld von 10.000 Euro dotiert und wird am 20. März 2024 im Rahmen einer festlichen Abendveranstaltung an die 21. Preisträgerin überreicht. Die Mitglieder der Jury waren: Stadtrat Carsten Hillgruber (Vorsitzender), Dr. habil. Sandra Kerschbaumer, Dr. Stefan Knüppel, Burkhard Möbius, Dr. Wolfgang Sandfuchs, Franziska Wolffheim und Frauke Tensfeldt.