Barbara Brecht-Schall, Tochter von Bertolt Brecht und Helene Weigel, verstarb am Abend des 31. August 2015 im Alter von 84 Jahren in Berlin.
Siegfried Unseld, anlässlich des 70. Geburtstages von Barbara Brecht-Schall im Jahr 2000:
»Barbara Brecht-Schall, BBS, kenne ich vor allem im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe, die sie vollkommen erfüllt: als verantwortliche Erbin des Brecht-Imperiums. Das ist sie ganz und gar. Entgegen öffentlichen Vorbehalten, die die Welt oftmals gegen Erben hat, kann ich versichern, daß sie ihr Amt und ihre Aufgabe loyal wahrnimmt - gegenüber dem Vater Bertolt Brecht und seinem Werk und gegenüber der Mutter Helene Weigel. Loyal, das heißt dem Interesse verpflichtet, aber nicht nur dem Interesse. Unzählige Male habe ich schwierigste Themen mit ihr diskutiert und immer wieder erlebt, daß sie ihren Standpunkt zwar wahrt, jedoch auch Argumente abweichender Meinungen gelten lässt. Sie ist entschieden, sie ist selbstbewusst, aber sie respektiert das Urteil anderer.
Helene Weigel starb 1971. Seitdem ist Barbara Brecht-Schall für die Durchsetzung und den Erhalt des Werkes von Bertolt Brecht zuständig. Sie mischt sich in künstlerische Fragen selten ein, meldet sich aber immer dann zu Wort, wenn die Gefahr auftaucht, dass Brecht politisch mißbraucht werden könnte. – Und ich habe immer bewundert, wie sehr sie ›Mama‹ geschätzt hat. Sie half der Prinzipalin des Berliner Ensembles, ihre schwere Aufgabe zu erfüllen. Als Helene Weigel starb, versuchte das Regime den Erben das private Weisungsrecht zu nehmen. Es gehört zu den Freuden meines Berufes, ihr darin geholfen zu haben, sich gegen dieses Ansinnen durchzusetzen, die generellen Rechte am Werk Brechts liegen bei Suhrkamp in Frankfurt; über Details des Urheberrechts haben wir uns immer verständigt. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit – freundlich, kritisch.
Das Werk Brechts bleibt erhalten, und wir wissen: Alle Künste tragen bei zur größten aller Künste, der Lebenskunst. Ich gratuliere.«
Foto: Barbara Brecht-Schall und Siegfried Unseld in der Akademie der Künste, Ostberlin, 10. Februar 1988, während der Internationalen Pressekonferenz bei der Vorstellung der neuen Brecht-Ausgabe