Genozid, Holocaust und Israel-Palästina
2021 veröffentlichte der israelisch-amerikanische Historiker Omer Bartov seine grundlegende Anatomie eines Genozids über die Zerstörung des jüdischen Lebens in der Vielvölkerstadt Buczacz 1942/43 mit über 10.000 vor aller Augen ermordeten Jüdinnen und Juden. Die Mutter des Autors konnte mit ihrer Familie noch rechtzeitig ins damalige britische Palästina fliehen. Kurz vor ihrem Tod berichtete sie dem Sohn über ihre Heimatstadt, »vom Leben und Sterben einer Stadt«, wie es im...
2021 veröffentlichte der israelisch-amerikanische Historiker Omer Bartov seine grundlegende Anatomie eines Genozids über die Zerstörung des jüdischen Lebens in der Vielvölkerstadt Buczacz 1942/43 mit über 10.000 vor aller Augen ermordeten Jüdinnen und Juden. Die Mutter des Autors konnte mit ihrer Familie noch rechtzeitig ins damalige britische Palästina fliehen. Kurz vor ihrem Tod berichtete sie dem Sohn über ihre Heimatstadt, »vom Leben und Sterben einer Stadt«, wie es im Untertitel heißt. Die Geschichte des Genozids ist zugleich Lebensgeschichte. Was der Historiker Omer Bartov erforscht, hat unmittelbar mit ihm, seiner Familie, mit seinem Heimatland Israel zu tun.
Diese doppelte Perspektive nimmt Bartov in seinem neuen Buch ein und deutet Begriffe und Perspektiven von all dem, was ihn seit Jahrzehnten beschäftigt: die Einzigartigkeit des Holocaust, die Entstehung des Begriffs »Genozid«, die Geografie Ost- und Mitteleuropas, sein Heranwachsen in einer Gesellschaft von Holocaustüberlebenden im Israel der 1950er Jahre, die Auseinandersetzung zwischen Arabern und Juden, die »Nakba« von 1948, die verheerenden Flüchtlingskrisen, die Kriege in der Region seitdem. In diesen fünf Perspektiven entfaltet Bartov eine Selbstbetrachtung wie das eigene Forschungsfeld. Sein Buch erschien wenige Tage vor dem 7. Oktober 2023, dem Massaker der Hamas und dem nachfolgenden Krieg zwischen der Terrororganisation und Israel. Der Autor hat seine Selbstbetrachtung um diese drängende Gegenwart von Krieg und massenhaftem Sterben erweitert.Einleitung
I Über die Gräuel schreiben
1 – Historische Einzigartigkeit und integrierte Geschichte
2 – Osteuropa als Stätte des Genozids
Orte ohne Erinnerung – Erinnerung ohne Orte
Die Dichotomie der Holocaustforschung
Die Büchse der Pandora
Kommunale Massaker
Die Ökonomie des Genozids
Zeugnis und Geschichte
Osteuropa als Erinnerungsort
II Lokalgeschichte
3 – Die Rekonstruktion des Genozids auf lokaler Ebene
4 – Selbstzeugnisse als historische Dokumente
Warum Selbstzeugnisse?
Kollaboration, Verrat und Denunziation
Rettung und Widerstand
Fazit
III Justiz und Erinnerung
5 – Der Holocaust vor Gericht
Die Rechtsgrundlage
Der Tatort
Die Täter
Die Verbrechen
Die Urteile
Die Problematik der Rechtsprechung und die historische Erkenntnis
6 – Erinnerungsgesetze als Werkzeug des Vergessens
Die Ukraine und Israel: Genozid und Legitimation
Polen und die Ukraine – Helden und Schurken
Die Pflicht zur Erinnerung und der Drang zu vergessen
Negierungen in Israels Gründungserzählung
Die Vergangenheit, die nicht vergehen will
Gesetzwidrige Vergangenheit
IV Geschichte im Selbstzeugnis
7 – Panorama – H. G. Adlers Ent-Bildungsroman
8 – Die Weltveränderer aus dem Schtetl
V Wenn die Erinnerung kommt
9 – Rückkehr und Vertreibung in Israel-Palästina
Zwei Katastrophen
Die Juden und die Anderen : Osteuropa
Die Juden und die Anderen : Israel-Palästina
10 – In die Vergangenheit und zurück – meine Wege und Umwege
11 – Erzählen, was war, um die Zukunft zu bauen
Herkunft und Vergessen
Tilgung und Erinnerung
Buczacz – Die Heimatstadt meiner Mutter
Asch-Schaich Muwannis – Ort meiner Kindheit
Vergangenheit neu erzählen
Anhang
Dank
Abkürzungsverzeichnis
Auswahlbibliografie
Anmerkungen
Register
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