Prekäres Glück

Adorno und die Quellen der Normativität. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2019
Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2019. Aus dem Amerikanischen von Frank Lachmann
Prekäres Glück
Adorno und die Quellen der Normativität. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2019
Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2019. Aus dem Amerikanischen von Frank Lachmann

Mehr als fünfzig Jahre nach seinem Tod ist immer noch höchst umstritten, worin das Vermächtnis Theodor W. Adornos besteht. Viele sehen in ihm den Philosophen der kompromisslosen Negativität, der gnostischen Finsternis, auch der allumfassenden, maßstabslosen Kritik. Selbst in der breiteren Öffentlichkeit hat sich das Bild vom Denker der totalisierenden Verzweiflung, des »Es gibt kein richtiges Leben im falschen« verfestigt – bis zum Klischee.

Der Historiker und Philosoph Peter...

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Mehr als fünfzig Jahre nach seinem Tod ist immer noch höchst umstritten, worin das Vermächtnis Theodor W. Adornos besteht. Viele sehen in ihm den Philosophen der kompromisslosen Negativität, der gnostischen Finsternis, auch der allumfassenden, maßstabslosen Kritik. Selbst in der breiteren Öffentlichkeit hat sich das Bild vom Denker der totalisierenden Verzweiflung, des »Es gibt kein richtiges Leben im falschen« verfestigt – bis zum Klischee.

Der Historiker und Philosoph Peter E. Gordon stellt dieses Bild entschieden in Frage. Adorno, so argumentiert er, ist vielmehr als ein Theoretiker zu verstehen, dessen Praxis der Kritik sich an einer unrealisierten Norm des menschlichen Gedeihens orientiert – des prekären Glücks in einer radikal unvollkommenen Welt. Diese Norm weist Gordon als das einigende Thema aus, das Adornos gesamtes Werk durchzieht, seine soziologischen Schriften ebenso wie seine Moralphilosophie, Metaphysik und Ästhetik. Prekäres Glück ist selbst ein Glücksfall: eine faszinierende Interpretation von Adornos Vermächtnis, das nun in einem völlig neuen Licht erscheint und als unverzichtbare Ressource für die kritische Theorie von heute.

Vorwort. Adornos Erbe
Einleitung. Gegen Gnosis
Die negativistische Interpretation
Performativer Widerspruch
Honneth und Anerkennung
Weniger falsch leben
Gesellschaftliche Uniformität
Die Herausforderung der Selbstreflexivität
Voraussetzungen öffentlicher Kritik
Die Möglichkeit immanenter Kritik
Die Frage der Übertreibung
Marx’ kritische Methode
Die Idee des normativen Überschusses
Ästhetik und der normative Überschuss
Was bei der Gesellschaftskritik auf dem Spiel steht
Temporalität und Normativität
Schlussbemerkungen
1 Immanente Kritik
Beethovens Fidelio
Der mikrologische Blick
Das Nichtidentische
Nichtidentität und Kritik
Übungen zum richtigen Leben
Immanente und transzendente Kritik
Immanente Transzendenz
2 Menschliches Gedeihen
Der emphatische Begriff des Menschen
Dialektischer Widerspruch
Der normative Status emphatischer Begriffe
Normativität und Beschädigung
Nietzsche, Genealogie, Geltung
Glück und menschliches Gedeihen
Glück und die Grenzen des Formalismus
3 Materialismus und Natur
Die kritische Aneignung Marx’scher Themen
Der Vorrang des Objekts
Die Hinwendung zur Erfahrung
Offenheit und Vulnerabilität
Die Natur in der menschlichen Natur
Drei Illustrationen
Schlussbemerkungen
4 Von der Metaphysik zur Moral
Bedürfnisse und Wünsche
Mimesis und Materialismus
Metaphysische Erfahrung
Eine materialistische Moral
Das Postulat des höchsten Guts
Glück und Leiden
5 Ästhetische Theorie
Das Fortleben der Aura
Das Zeichen der Freiheit
Die Analogie zum Spiel
Kunst und Leiden
Autonomie und Heteronomie
Jazz, Leiden, Hoffnung
Schlussbemerkungen
6 Ästhetische Erfahrung
Vorbemerkung zum Spätstil
Erstes musikalisches Beispiel: Ludwig van Beethoven, 9. Sinfonie in d-Moll op. 125
Zweites musikalisches Beispiel: Ludwig van Beethoven, Streichquartett Nr. 13 B-Dur op. 130
Drittes musikalisches Beispiel: Gustav Mahler, 3. Sinfonie in d-Moll
Viertes musikalisches Beispiel: Alban Berg, Kammerkonzert für Klavier und Geige mit Dreizehn Bläsern
Une promesse du bonheur
Ästhetische Erfahrung und Gesellschaftskritik
Schluss. Gesellschaftskritik heute
Normativität in der Gesellschaftstheorie
Antifundamentalismus und Prekarität
Faschismus und Vulnerabilität
Nie wieder Auschwitz
Antihumanismus und Genealogie
Prousts theologische Idee
Quellen und Rechtfertigungen
Denken und Glück
Dank
Siglen
Namenregister
Inhaltsverzeichnis
Bibliografische Angaben
Service
Umschlag / Cover (Web)Umschlag / Cover (Print)Leseprobe
Produktsicherheit

Personen für Prekäres Glück

Peter E. Gordon, geboren 1966, ist Amabel B. James Professor of History an der Harvard University und zugleich Mitglied des dortigen Instituts für Philosophie. Er forscht zur Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere zum philosophischen Denken in Deutschland und Frankreich, und gilt als international herausragender Kenner der Frankfurter Schule. Seine bisherigen Bücher, die sich u. a. mit Franz Rosenzweig, Martin Heidegger, Ernst Cassirer sowie Theodor W. Adorno und ihrer Zeit beschäftigen, wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: dem Salo W. Baron Preis, dem Goldstein-Goren-Preis, dem Morris D. Forkosch Preis und dem Jacques Barzun Preis der American Philosophical Society. Mit Prekäres Glück liegt nun sein erstes Buch in deutscher Sprache...
Peter E. Gordon, geboren 1966, ist Amabel B. James Professor of History an der Harvard University und zugleich Mitglied des dortigen Instituts...
Übersetzer
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STIMMEN

»Das neue Buch des amerikanischen Ideenhistorikers Peter E. Gordon verdient Aufmerksamkeit. ... [Er] schreibt verständlich, und es ist faszienierend, wie er es schafft, einen Adorno zum Sprechen zu bringen, dessen Denken sich nicht im Pessimismus erschöpft.«
Stefan Müller-Doohm, Neue Zürcher Zeitung
»Gordon geht im besten Sinn analytisch vor: Grundlage seiner Überlegungen ist immer eine sehr genaue Lektüre von Adornos Werken. Wichtige Begriffe werden akribisch unter die Lupe genommen ...«
Lukas Klus, Süddeutsche Zeitung
»Flüssig, ja fesselnd geschrieben, untersucht Peter Gordon minutiös das gesamte Spektrum von Adornos Schriften, um zu zeigen, dass dieser seine Kritik an den zeitgenössischen Gesellschaften auf eine Idee des menschlichen Gedeihens gegründet hat, die sich nur in kleinsten Zeugnissen aus dem Innern unserer beschädigten Lebensform zu erkennen gibt. Damit gelingt Gordon etwas, woran fast alle anderen Versuche bislang gescheitert sind: ein kohärentes Bild der Vorstellung von Moral zu erzeugen, die Adorno immer nur fragmentarisch und skizzenhaft in seinem Werk entwickelt hat.«
Axel Honneth
»Das neue Buch des amerikanischen Ideenhistorikers Peter E. Gordon verdient Aufmerksamkeit. ... [Er] schreibt verständlich, und es ist faszienierend, wie er es schafft, einen Adorno zum Sprechen zu bringen, dessen Denken sich nicht im Pessimismus erschöpft.«
Stefan Müller-Doohm, Neue Zürcher Zeitung
»Gordon geht im besten Sinn analytisch vor: Grundlage seiner Überlegungen ist immer eine sehr genaue Lektüre von Adornos Werken. Wichtige Begriffe werden akribisch unter die Lupe genommen ...«
Lukas Klus, Süddeutsche Zeitung
»Flüssig, ja fesselnd geschrieben, untersucht Peter Gordon minutiös das gesamte Spektrum von Adornos Schriften, um zu zeigen, dass dieser seine Kritik an den zeitgenössischen Gesellschaften auf eine Idee des menschlichen Gedeihens gegründet hat, die sich nur in kleinsten Zeugnissen aus dem Innern unserer beschädigten Lebensform zu erkennen gibt. Damit gelingt Gordon etwas, woran fast alle anderen Versuche bislang gescheitert sind: ein kohärentes Bild der Vorstellung von Moral zu erzeugen, die Adorno immer nur fragmentarisch und skizzenhaft in seinem Werk entwickelt hat.«
Axel Honneth
»Peter Gordons souverän zugreifende und zugleich beharrlich subtile Interpretation bringt einen neuen Ton in die Debatte über Adornos Negativismus. Im Gespräch mit Adornos Vorlesungen zeigt er, wie die negative Dialektik dem Ausbuchstabieren eines ›richtigen‹ Lebens dienen soll, das sich dem direkten Zugriff von Aussagen über das ›gute Leben‹ entzieht. Im Bannkreis des im Ganzen entstellten Lebens sucht Adorno nach Spuren des versagten Glücks. Der Hegelianer liest nämlich aus der verzweifelten Kritik am hoffnungslosen Zustand der Welt einen transzendierenden Hoffnungsimpuls heraus, der weit über die Kantische Ermutigung zum Gebrauch unserer vernünftigen Freiheit hinausschießt.«
Jürgen Habermas
»Peter Gordon hat ein faszinierendes Buch vorgelegt, das auch – und das ist mit Blick auf die Komplexität des Themas besonders hervorzuheben – glänzend geschrieben und übersetzt ist.«
Andreas Arndt, Soziopolis

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