Nachdem die amerikanische Fernsehserie »Holocaust« auch in Deutschland über die Bildschirme lief, schien es, als würden die Deutschen - nach mehr als dreißig Jahren - eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit beginnen. Nach einem Jahr ist von solchen Bestrebungen kaum noch etwas auszumachen. Einen Anstoß, der zur Wiederaufnahme dieser Diskussionen führen sollte, stellt Hanna Kralls »literarische Reportage« dar. Sie beschäftigt sich mit Marek Edelman in zweifacher...
Nachdem die amerikanische Fernsehserie »Holocaust« auch in Deutschland über die Bildschirme lief, schien es, als würden die Deutschen - nach mehr als dreißig Jahren - eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit beginnen. Nach einem Jahr ist von solchen Bestrebungen kaum noch etwas auszumachen. Einen Anstoß, der zur Wiederaufnahme dieser Diskussionen führen sollte, stellt Hanna Kralls »literarische Reportage« dar. Sie beschäftigt sich mit Marek Edelman in zweifacher Weise: Marek Edelman, der stellvertretende Kommandant des Warschauer Ghettoaufstandes von 1943, wird mit Marek Edelman, dem heutigen bekannten Kardiologen und Herzchirurgen, konfrontiert. Das Resultat dieser Konfrontation: Wenn sich auch die historische Abfolge lediglich als »Reihenfolge des Sterbens« erweist, so kommt es für den einzelnen darauf an, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, schneller zu sein als der liebe Gott. »Ich habe Hanna Kralls Bericht nicht nur als ein Buch vom Sterben empfunden. Ich habe in ihm vielmehr ein Buch vom Leben, für das Leben gelesen.« (Willy Brandt)