Das Lagervolk
In Terézia Moras Übersetzung sorgten sie vor Jahren für Begeisterung: die Minutennovellen von István Örkény, Kürzesttexte, »scharf, unerbittlich, gnadenlos: poetisch« (Péter Esterházy). Geschrieben in den wenigen freien Stunden, die er der Geschichte abtrotzen konnte. Diese Bedingungen galten noch radikaler für den dokumentarischen Roman Lagervolk.
Örkény kam 1942 als jüdischer Arbeitsdienstler an die Ostfront. Das ungarische Armeekorps, in dem er diente, wurde Anfang...
In Terézia Moras Übersetzung sorgten sie vor Jahren für Begeisterung: die Minutennovellen von István Örkény, Kürzesttexte, »scharf, unerbittlich, gnadenlos: poetisch« (Péter Esterházy). Geschrieben in den wenigen freien Stunden, die er der Geschichte abtrotzen konnte. Diese Bedingungen galten noch radikaler für den dokumentarischen Roman Lagervolk.
Örkény kam 1942 als jüdischer Arbeitsdienstler an die Ostfront. Das ungarische Armeekorps, in dem er diente, wurde Anfang 1943 am Don vernichtend geschlagen, die Überlebenden gerieten in Kriegsgefangenschaft. Zu Rodungsarbeiten an einer Bahnstation bei Tambow verurteilt, begann Örkény Aufzeichnungen zu machen - »mit etwas Bleistiftähnlichem auf Tabaksbeutel, die mir die Russen gegeben hatten«. Als sich herumsprach, daß er schrieb, strömten seine Leidensgenossen herbei. »Alle beeilten sich, etwas beizutragen: Daten, Erfahrungen, Namen, Tragödien, aber auch Anekdoten. Nicht ich habe dieses Buch geschrieben, sondern dreihunderttausend Ungarn in der Sowjetunion. Ich war nur ihr Chronist.«
Zehn Lebensgeschichten, die weit in die Zwischenkriegszeit zurückgreifen, erweitern das Buch zu einer großen Erzählung voller ethnographischer und soziologischer Details. So präzise Hunger, Heimweh und Zwangsarbeit in Das Lagervolk geschildert sind, so unverkennbar atmet das 1947 veröffentlichte Werk den Geist der Hoffnung auf ein neues, freies, humanes Europa.
Vorwort
Befehl einer Armeekorpskommandantur
Die Gefangenenfrage
Der Stern über Zagon
Ferenc Pára und ein Stück Speck
Von Faulenzern und Malochern
Kleinkönige und Großkaufleute
Der listige Laci Csontos
Der Katzenkönig von Kiew
Das große Herzklopfen
Woher wir kamen. Acht Gesprächsprotokolle
Die sich erinnern
Die Sonne schien (Pál Horváth, Maurer, Maler)
Das Elend meines Lebens (Péter Kirilla, Tagelöhner)
Bubi (Jenő Beamter, Musiker)
Held János (István Kabók, Weber)
Ein langer Weg (Béla Schantl, Maristen-Mönch)
Dzsinga (István Rób, Dreher)
Das blaue Kornblumen-Paroli (Aladár Dobay, Bankangestellter)
Ich drücke meine Stirn ins Gras (János Siska, Fleischer)
Nachwort
Imre Kertész: Árkony und das quälende Problem des Überlebens
Dokumentarischer Anhang
Das Lob der Hauptstadt
Was dem Kriegsgefangenenroman vorausging
Diskussion um den Roman
Antwort an die Kritiker
Als öffnete sich eine Schleuse
Eine Kriegserinnerung
Das Memento von Krasnogorsk
Eine unabweisbare Frage
Anmerkungen des Übersetzers
Ungarn im Zweiten Weltkrieg – ein kurzer Abriss
Biobibliographische Notiz
Suhrkamp Verlag GmbH
Torstraße 44
10119 Berlin
info@suhrkamp.de
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Personen für Das Lagervolk
István Örkény
István Örkény, 1912 in Budapest geboren, war Apotheker und Chemiker. 1938 debütierte er mit der Erzählung Ringelreihen, die seinem ersten Novellenband von 1941 den Titel gab. 1942 wurde Örkény eingezogen. Weil er Jude war, mußte er in einem Arbeitsbataillon an der russischen Front dienen. Nach fünf Jahren in sowjetischer Kriegsgefangenschaft kehrte er nach Budapest zurück. 1953 veröffentlichte er seinen ersten Roman Eheleute. 1955 folgte der Novellenband Im Schneesturm. Seit 1956 zu einem mehrjährigen Schweigen verurteilt, wurde er erst Mitte der sechziger Jahre einem größeren Publikum bekannt. Im Ausland nahm man ihn als den bedeutendsten ungarischen Dramatiker seit dem Zweiten Weltkrieg wahr. Er schrieb Kurzromane und Erzählungen. Als Schöpfer einer neuen erzählerischen...
István Örkény, 1912 in Budapest geboren, war Apotheker und Chemiker. 1938 debütierte er mit der Erzählung Ringelreihen, die seinem ersten...

