Jenseits von Kohle und Stahl

Eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom
Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2018. Mit zahlreichen Abbildungen
Jenseits von Kohle und Stahl
Eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom
Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2018. Mit zahlreichen Abbildungen

In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden viele Staaten Westeuropas von einem beispiellosen Strukturwandel erfasst: Die Fabriken der alten Industrien verschwanden, Millionen von Arbeitsplätzen gingen verloren, vormals boomende Städte gerieten in die Krise und neue soziale Fragen bestimmten die politische Agenda. Was aber ist aus dem stolzen Industriebürger geworden – aus seinen Arbeitsplätzen, Karrierewegen und Wohnquartieren? Wie haben sich soziale Rechte und politische Teilhabe...

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In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden viele Staaten Westeuropas von einem beispiellosen Strukturwandel erfasst: Die Fabriken der alten Industrien verschwanden, Millionen von Arbeitsplätzen gingen verloren, vormals boomende Städte gerieten in die Krise und neue soziale Fragen bestimmten die politische Agenda. Was aber ist aus dem stolzen Industriebürger geworden – aus seinen Arbeitsplätzen, Karrierewegen und Wohnquartieren? Wie haben sich soziale Rechte und politische Teilhabe von Arbeiterinnen verändert, als der Wettbewerb global, das Management schlank und der Finanzkapitalismus dominant wurde? Welche Ideen und Ideologien begleiteten den Wandel?

Am Beispiel der Industriearbeit in Großbritannien, Frankreich und der Bundesrepublik erzählt Lutz Raphael die außerordentlich vielschichtige und spannende Geschichte der westeuropäischen Deindustrialisierung. Sie dauerte drei Jahrzehnte, ging mit einer Steigerung der Produktivität und des Lebensstandards einher, brachte aber auch Niedriglöhne, wachsende Ungleichheiten und eine Krise der demokratischen Repräsentation. Und vielleicht das Entscheidende: Sie wirkt bis heute fort – als Vorgeschichte unserer postindustriellen Gegenwart. Dieses Buch hilft, sie zu verstehen.

Einleitung: Perspektiven einer Gesellschaftsgeschichte
Westeuropas nach dem Boom
Eine Geschichte »von unten«
Eine Geschichte »von gestern aus«
Bezugspunkte einer Gesellschaftsgeschichte der Deindustrialisierung
Gesellschaftsgeschichte: Tragweite eines Konzepts
Methodische Komplikationen: Nah- und Fernsichten, Theorieeffekte und Quellenauswahl
I. DIE VOGELPERSPEKTIVE
Drei nationale Arbeitsordnungen im Umbruch
1. Industriearbeit in Westeuropa nach dem Boom: Die politökonomische Perspektive
Deindustrialisierung in Westeuropa
Neue Technologien industrieller Produktion
Geldwertstabilität, Industriesubventionen und Privatisierungen
Auf dem Weg in den Finanzmarktkapitalismus
Arbeiterinnen und Arbeiter in Zeiten der Deindustrialisierung
Kumulative Dynamiken des wirtschaftlichen Strukturwandels
2. Der Abschied von Klassenkämpfen und festen Sozialstrukturen: Eine Wissensgeschichte der Umbrüche
Neoliberale Krisendiskurse und Trenddeutungen
Drei nationale Perspektiven auf den demokratischen Klassenkonflikt
Von Amts wegen: Soziale Klassifizierungen
Neue Grenzlinien
Neue politische Mobilisierungssprachen
Kulturelle Repräsentationen industrieller Arbeitswelten im Umbruch
Zwischen Sprachlosigkeit und Verschwinden: Unschärfen in der sozialen Wahrnehmung industrieller Wirklichkeiten
3. Politikgeschichte von »unten«: Arbeitskämpfe und neue soziale Bewegungen
Nationalspezifische Rahmenbedingungen von Sozialprotesten und Arbeitskonflikten
Militanz und neue soziale Bewegungen (1968-1979)
Mobilisierung und Protest in der Krise (1979-1990)
Die Rückkehr der Rebellion (1990-2005)
Der Abschied der Industriearbeiter von der politischen Bühne
4. Von Industriebürgern und Lohnarbeitern: Arbeitsbeziehungen, Sozialleistungen und Löhne
Industrielle Lohnarbeit und soziale Sicherheit Anfang der 1970er Jahre
Die Erosion des kollektiven Tarifrechts
Löhne und Entgeltsysteme im Umbruch
Individuelle Schutzrechte im Zeichen der Verrechtlichung
Der Abschied vom Sozialpaket
Krise der Sozialbürgerschaft
5. Facharbeit, Produktionswissen und Bildungskapital: Deutungskämpfe und Neuarrangements
Produktionswissen und Bildungskapital: Eine Geschichte langer Dauer
Postindustrielle Bildungsideologien
Die vielen Leben des deutschen Berufsbildungssystems
Kompetenzerwerb, Wissensverlust und Dequalifizierung: Britische Wege in die Wissensgesellschaft
Traditionelle Distanz und neue Hierarchien: Bildungstitel und Produktionswissen in Frankreich
Wissensordnungen und neue Produktionsregime
Gewinner und Verlierer
II. NAHAUFNAHMEN
Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte im Wandel
6. Lebensläufe, Berufskarrieren und Jobsuche in Umbruchzeiten
Arbeitsbiographien und Lebenslaufforschung
Wege in die Industriearbeit in den 1950er und 1960er Jahren
Kontinuität und Wandel: Berufskarrieren und Arbeitsbiographien nach dem Boom in Frankreich
Großbritannien: Arbeiterbiographien zwischen Katastrophe und Umbruch
Westdeutsche Industriearbeit zwischen Aufstieg und prekärer Stabilität
Heirat, Hausstand, familiäre Solidarität
Blicke zurück, Blicke nach vorn
7. Betriebliche Sozialordnungen im Umbruch
Die Fabrik als »soziales Handlungsfeld«
Das Unternehmen als Kreuzungspunkt von Solidaritäten und Bindungen
Institutionelle Rahmenbedingungen und langfristige Prägungen im Drei-Länder-Vergleich
Betriebliche Sozialordnungen in der Automobilindustrie 1970-2000
Das außergewöhnlich Normale: Notgemeinschaften, Befreiungen und Auflösungen
Der Industriebetrieb als Sicherheitsinsel
8. Industriedistrikte, »Problemviertel« und Eigenheimquartiere: Sozialräume der Deindustrialisierung
Neue regionale Disparitäten
Industriedistrikte im Strukturwandel
Von der Trabantenstadt zum »Problemviertel« und zur Reihenhaussiedlung
Doppelte Abwesenheit: Transiträume
Das Ende der sozialmoralischen Milieus und die Krise lokaler Arbeiterkulturen
Schluss: Die Gesellschaftsgeschichte der Deindustrialisierung als Problemgeschichte unserer Gegenwart?
Inhaltsverzeichnis
Sachbuch-Bestenliste
Bibliografische Angaben
Service
Umschlag / Cover (Web)Umschlag / Cover (Print)Leseprobe
Produktsicherheit

Personen für Jenseits von Kohle und Stahl

Lutz Raphael, geboren 1955, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Trier, Gastprofessuren führten ihn u. a. nach Oxford und Paris. Er ist Mitglied sowohl der Mainzer Akademie der Wissenschaft und Literatur als auch der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 2013 erhielt er den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Lutz Raphael, geboren 1955, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Trier, Gastprofessuren führten ihn...


STIMMEN

»Die Spuren der Arbeiterkämpfe in den 1970er und 1980er Jahren führten schließlich direkt zu den politischen Protestbewegungen und rechtspopulistischen Mobilisierungen im Westeuropa von heute, bekundet Raphael die Relevanz seines Themas. Nicht zuletzt diese Tatsache macht seine historische Studie auch für den Spätkapitalismus so relevant.«
Jenny Hestermann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Raphael ... beschreibt diese Geschichte mit großer Überzeugungskraft und beweist so, dass der Job des Historikers nicht allein darin besteht, in der Vergangenheit Vorboten dessen zu entdecken, was später passiert, sondern ebenso auf Entwicklungen zu verweisen, die nicht fortgeführt werden – verlassene Gleise zu betrachten.«
Nils Minkmar, DER SPIEGEL
»Raphael selbst gibt eine Übung in Nüchternheit vor, die zeitdiagnostische Klingeltöne (›Neoliberalismus‹) erfreulich leise hält ... Gäbe es noch eine intellektuell wache Sozialdemokratie, dies müsste ihr Buch sein.«
Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung
»Die Spuren der Arbeiterkämpfe in den 1970er und 1980er Jahren führten schließlich direkt zu den politischen Protestbewegungen und rechtspopulistischen Mobilisierungen im Westeuropa von heute, bekundet Raphael die Relevanz seines Themas. Nicht zuletzt diese Tatsache macht seine historische Studie auch für den Spätkapitalismus so relevant.«
Jenny Hestermann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Raphael ... beschreibt diese Geschichte mit großer Überzeugungskraft und beweist so, dass der Job des Historikers nicht allein darin besteht, in der Vergangenheit Vorboten dessen zu entdecken, was später passiert, sondern ebenso auf Entwicklungen zu verweisen, die nicht fortgeführt werden – verlassene Gleise zu betrachten.«
Nils Minkmar, DER SPIEGEL
»Raphael selbst gibt eine Übung in Nüchternheit vor, die zeitdiagnostische Klingeltöne (›Neoliberalismus‹) erfreulich leise hält ... Gäbe es noch eine intellektuell wache Sozialdemokratie, dies müsste ihr Buch sein.«
Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung
»Raphael hat, gestützt auf einen ganzen Forschungsapparat, einen interessanten, fantasievollen Forschungsansatz verfolgt: Er hat nicht bloß, wie für Sozialhistoriker üblich, Datenbanken ausgewertet ... er hat sich an Nah- und Fernsichten versucht, indem er einzelne Lebensläufe ebenso darstellte wie die Entwicklungen in Ländern, beispielhaften Regionen oder sogar einzelnen Unternehmen ... «
Werner von Bebber, Der Tagesspiegel
»Raphael trägt Fakten und Zahlen zusammen. Er liefert Einblicke in die Lebensrealität der Betroffenen. Und er verbindet den Niedergang der Arbeiterkultur mit neuen politischen Kräfteverhältnissen.«
Neue Zürcher Zeitung

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