Andreas Reckwitz, warum ist der Verlust ein Grundproblem unserer modernen Gesellschaft? | Dichtung & Wahrheit #37

In dieser Folge Dichtung & Wahrheit spricht Silke Hohmann mit dem Soziologen Andreas Reckwitz über seine Arbeit und sein neues Buch Verlust. Reckwitz, einer der bedeutendsten Impulsgeber gesellschaftsanalytischer Debatten, erklärt, warum Verlust nicht nur ein individuelles, sondern auch ein tiefgreifendes gesellschaftliches Phänomen ist. Im Gespräch erläutert Reckwitz seinen Weg von den früheren Werken über Kreativität und Singularisierung hin zum aktuellen Thema »Verlust«. Er argumentiert, dass Verlusterfahrungen ein Grundproblem der modernen Gesellschaft darstellen, da sie im Widerspruch zur fortschrittsorientierten Denkweise der Moderne stehen. Laut Reckwitz tendieren moderne Gesellschaften häufig dazu, Verluste zu verdrängen, während populistische Bewegungen diese Erfahrungen gezielt kapitalisieren. Die Moderne, so Reckwitz, habe kein adäquates Skript für den Umgang mit Verlusten entwickelt, was zu Verdrängung und Privatisierung von Verlusterfahrungen führe.

Die persönliche Anekdote von Andreas Reckwitz am Ende der Folge entspricht der Wahrheit.

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Das Buch zur Folge

Andreas Reckwitz leistet Pionierarbeit und präsentiert die erste umfassende Analyse der sozialen und kulturellen Strukturen, die unser Verhältnis zum Verlust prägen. Unter dem Banner des Fortschritts, so legt er dar, wird die westliche Moderne schon immer von einer Verlustparadoxie angetrieben: Sie will (und kann) Verlusterfahrungen reduzieren – und potenziert sie zugleich. Dieses fragile Arrangement hatte lange Bestand, doch in der verletzlichen Spätmoderne kollabiert es. Das Fortschrittsnarrativ büßt massiv an Glaubwürdigkeit ein, Verluste lassen sich nicht mehr unsichtbar machen. Das führt zu einer der existenziellen Fragen des 21. Jahrhunderts: Können Gesellschaften modern bleiben und sich zugleich produktiv mit Verlusten auseinandersetzen? Ein wegweisendes Buch.

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Andreas Reckwitz, geboren 1970, ist Professor für Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und war Fellow im Thomas Mann House in Los Angeles. Sein Buch Die Gesellschaft der Singularitäten wurde 2017 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet und stand 2018 auf der Shortlist des Sachbuchpreises der Leipziger Buchmesse. 2019 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Andreas Reckwitz, geboren 1970, ist Professor für Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und war Fellow im...