Ein bewegender neuer Gedichtband des ukrainischen Friedenspreisträgers
Es sollte ein weiterer Gedichtband werden, schreibt Serhij Zhadan, über die östliche Landschaft im Winter, den nahenden Schnee, die Stimmen in der Luft, die Weinberge, die Stadt am Horizont, die sich mit Lärm und Licht füllt. Doch am 24. Februar 2022, mit Beginn des großen Krieges, brach die Zeit, verstummte die Poesie. Erst Monate später kehrte die Sprache zurück: »Zeit neue Gedichte zu schreiben / Bei den alten weint niemand mehr.«
50 + 1 untertitelt Zhadan seinen neuen...Es sollte ein weiterer Gedichtband werden, schreibt Serhij Zhadan, über die östliche Landschaft im Winter, den nahenden Schnee, die Stimmen in der Luft, die Weinberge, die Stadt am Horizont, die sich mit Lärm und Licht füllt. Doch am 24. Februar 2022, mit Beginn des großen Krieges, brach die Zeit, verstummte die Poesie. Erst Monate später kehrte die Sprache zurück: »Zeit neue Gedichte zu schreiben / Bei den alten weint niemand mehr.«
50 + 1 untertitelt Zhadan seinen neuen Lyrikband, der das Davor und Danach und den Riss in der Mitte dokumentiert – datierte Gedichte, zwischen Ende 2021 und Sommer 2023 geschrieben.Erster Teil
Und wenn sie dich fragen: wozu?
Etwas war dort – an dem Ort, den es nicht gibt
Aus der gesamten Literatur
Groß ist deine Aufmerksamkeit
Ein gezeichneter gepeinigter Mann
Alles wie es war
Der arme Messias der Kinder
Brecht
Eine schwangere Frau wie ein Buch mit Fortsetzung
Vom anderen Ufer des Flusses eine Stimme
Und das Wichtigste haben sie nicht erzählt
Sprich das nicht laut aus
Gestern hat der September begonnen
… soll er jetzt sprechen oder schweigen
Der gütige Gott des Umbruchs packt dich am Ärmel
Hab das Licht gelöscht, das Fenster gekippt
Und es ändert sich die Bedeutung von Winter
Kerbender Linolschnitt der Schienen
Das wird dann zum ersten Mal ausgesprochen
Möge das Zeichen der Annäherung
Doch dann der Flüsse zu gedenken
Hier nun macht der Winter dieses Jahr die Bäume fahl
Nachrichten über Hartnäckige, Entschlossene und Wendige
Ist das schmerzhaft genug
Eine kurze Geschichte vom Schnee
Zweiter Teil
Vielleicht sollte ich genau jetzt beginnen
Und etwas wird unbedingt zum Ausgleich gegeben
Es erwarten Menschen den Abend
Es kommt der Moment, in dem du dich traust
Sich erinnern an jedes Haus und jede Straße
Ein der Dunkelheit entrissener Lichtzweig
Möge es Gesang sein
Es musste so kommen
Ein Gefühl, als schließe sich alljährlich
Der Schnee erwärmt sich in der Hand
So hell am Morgen
Die Sternsinger streifen durch den Schnee
Wenn jede Seele
Gib ihr den Namen eines der Vögel
Noch ein Versuch, sich dem Feuer zu erklären
Ich liebe sie sehr, diese Frau
Du sagst »Erinnerung«
Schulz. Psalmen
Sich später, irgendwann mit einem Lachen erinnern
Und man darf nicht vergessen
Groß ist die Idee und die Weisheit ist groß
Das bin ich, schau her, das bin ich
Licht
Auch darüber habe ich geschrieben
Kann ich noch etwas sagen?
Nachwort
50 und 1
Suhrkamp Verlag GmbH
Torstraße 44
10119 Berlin
info@suhrkamp.de
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ZITATE
Personen für Chronik des eigenen Atems
Serhij Zhadan
Serhij Zhadan, 1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine geboren, studierte Germanistik, promovierte über den ukrainischen Futurismus und gehört seit 1991 zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er debütierte als 17-Jähriger und publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke. Für Die Erfindung des Jazz im Donbass wurde er mit dem Jan-Michalski-Literaturpreis und mit dem Brücke-Berlin-Preis 2014 ausgezeichnet (zusammen mit Juri Durkot und Sabine Stöhr). Die BBC kürte das Werk zum »Buch des Jahrzehnts«. 2022 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zhadan lebt in Charkiw und ist seit Mai 2024 Soldat.
Serhij Zhadan, 1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine geboren, studierte Germanistik, promovierte über den ukrainischen Futurismus und gehört seit 1991...


