Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848 bis 1983
Die SPD ist seit einem Jahrhundert die einzige Partei, die über die zahlreichen Krisen und Umbrüche der deutschen Geschichte hinweg ihren Namen nicht verändern mußte. Dabei wurde häufig übersehen, daß die Sozialdemokratie trotz der Kontinuität mancher Ziele in ihrem sozialen und ideologischen Profil mehrfach grundlegende Wandlungsprozesse durchlaufen hat. Deshalb wird in dieser Darstellung der Versuch unternommen, die Etappen der politischen Entwicklung der SPD anhand eines...
Die SPD ist seit einem Jahrhundert die einzige Partei, die über die zahlreichen Krisen und Umbrüche der deutschen Geschichte hinweg ihren Namen nicht verändern mußte. Dabei wurde häufig übersehen, daß die Sozialdemokratie trotz der Kontinuität mancher Ziele in ihrem sozialen und ideologischen Profil mehrfach grundlegende Wandlungsprozesse durchlaufen hat. Deshalb wird in dieser Darstellung der Versuch unternommen, die Etappen der politischen Entwicklung der SPD anhand eines sozialgeschichtlichen Leitfadens neu zu bestimmen. Dabei werden ›Lernzyklen‹ von jeweils einer Generation mit spezifischem sozialen Herkunftsmilieu und politischen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt, anhand deren sich die Entwicklung der SPD in unterschiedliche Phasen gliedern läßt: Auf die »Vorgeschichte« der deutschen Arbeiterbewegung zwischen 1830 und 1860 folgt die »Konstituierungsphase« (ca. 1860 bis 1890). In ihr bildet sich die soziale und politische Identität der vom preußisch-deutschen Obrigkeitsstaat der Bismarck-Ära als ›Reichsfeinde‹ ausgegrenzten Sozialdemokraten. Die »Aufstiegsperiode« (zwischen 1890 und 1920) umgreift den Zeitraum des stetigen Einflußzuwachses der SPD infolge der industrialisierungsbedingten Ausweitung des Arbeiteranteils und der Reformunfähigkeit des wilhelminischen Reiches. Während der »Krisenzeit« zwischen 1920 und 1950 mußte die SPD die Stagnation ihrer sozialen Basis, die Verselbstständigung einer sie zeitweise im Wählerstamm halbierenden kommunistischen Konkurrenz und schwere Rückschläge ihrer Bemühungen um die Gestaltung der deutschen Politik erleben. Demgegenüber sind die Jahre der Bundesrepublik als ein »Neubeginn« zu betrachten, der die SPD aus ihrem ›historischen Milieu‹ allmählich gelöst und ihr durch das Eindringen in neue Schichten eine langjährige Regierungsbeteiligung ermöglicht hat. Mit einem Ausblick auf die Identitätsprobleme der SPD zu Beginn der 80er Jahre wird eine kritische Bilanz der vorausgegangenen Entwicklungsabschnitte verbunden.
Zwischen sozialer Utopie und politischer Revolution 1830-1860
Grundlagen der Entstehung einer deutschen Arbeiterbewegung
Der Frühsozialismus in den Auslandsvereinen der Handwerksgesellen
Die Krisenzeit des deutschen Vormärz und die Revolution von 1848/49
Der Sieg der Restauration und die Prosperität der 50er Jahre
Von den Agitationsvereinen zur Parteiorganisation 1860-1890
Lassalle und der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein
Die Eisenacher Sozialdemokraten und die Zeit der Fraktionskämpfe
Reichsgründungsjahre und Einigung der beiden Arbeiterparteien
Die Epoche des Sozialistengesetzes als Belastung und Chance
Aufstieg zur Massenbewegung und strategische Bewährungsproben 1890-1920
Das Erfurter Programm und die Probleme der Legalität
Der Reformismusstreit als Ausdruck politisch-sozialer Differenzierung
Organisatorisches Wachstum und Mobilisierungskrisen der SPD
Die Spaltung der Sozialdemokratie im Ersten Weltkrieg
Von der Novemberrevolution zur Weimarer Staatsgründungs
Krise und Umbruch der deutschen Sozialdemokratie 1920-1950
Zwischen Gefährdung und Stabilisierung der demokratischen Republik
Vom Niedergang des parlamentarischen Systems zur Machtergreifung der NSDAP
Sozialdemokratische Politik im Widerstand und Exil
Zwischen Wiederaufbau der Partei und Neuordnung der Gesellschaft
Verzögerter Neubeginn und soziale Öffnung der SPD 1950-1980
Stagnation und Niederlagen der SPD in der Restaurationsära
Die Wende von Godesberg und das Streben nach Regierungsbeteiligung
Große Koalition, Reformära und historischer Wahlsieg 1972
Von der ökonomischen Wachstumsschwäche zur Identitätskrise der SPD
Fazit und Ausblick: Ein erneuter Weg von der Protestbewegung zur Regierungspartei?
Anmerkungen zum Text
Verzeichnis der Abkürzungen
Einführende Literatur
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10119 Berlin
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