Literatur aus der und über die Ukraine
»Was ändert der Krieg? Der Krieg ändert das Vokabular. Er reaktiviert Wörter, die man bis dahin nur aus historischen Romanen kannte. Vielleicht weil der Krieg immer auch die Geschichte reaktiviert. Man kann sie sehen, schmecken, riechen, Meist riecht sie verbrannt.« (Aus: Serhij Zhadan, Warum ich nicht im Netz bin)
Plötzlich verändert sich auch das Lesen. In den Büchern von Juri Andruchowytsch und Serhij Zhadan, in ihren Gedichten, Essays und Romanen wird die Gegenwart der letzten Jahre kenntlich. Sie erzählen von Menschen, die ihre postimperiale Geschichte erkunden, sei es in den Karpaten, in Galizien oder im Donbass – sie erzählen von einer Gesellschaft, die sich ihre Freiheit erkämpft hat. Musik, Anarchie, Lachen, Wut, Verzweiflung und die unerschöpfliche Quelle einer neuen Sprache – all das macht die Literatur aus diesem Europa en miniature so kraftvoll. Eine ganze Welt, die nach Putins Willen ausgelöscht werden soll.
Wir haben Bücher und Beiträge von ukrainischen Autor:innen und über das Leben in der Ukraine für Sie zusammengestellt.
Plötzlich verändert sich auch das Lesen. In den Büchern von Juri Andruchowytsch und Serhij Zhadan, in ihren Gedichten, Essays und Romanen wird die Gegenwart der letzten Jahre kenntlich. Sie erzählen von Menschen, die ihre postimperiale Geschichte erkunden, sei es in den Karpaten, in Galizien oder im Donbass – sie erzählen von einer Gesellschaft, die sich ihre Freiheit erkämpft hat. Musik, Anarchie, Lachen, Wut, Verzweiflung und die unerschöpfliche Quelle einer neuen Sprache – all das macht die Literatur aus diesem Europa en miniature so kraftvoll. Eine ganze Welt, die nach Putins Willen ausgelöscht werden soll.
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Podcast
Katharina Raabe, was kann uns die Literatur über den Krieg erzählen? | Dichtung & Wahrheit #2
Anlässlich des ersten Jahrestages der russischen Invasion in der Ukraine spricht Laura de Weck mit unserer Osteuropa-Lektorin Katharina Raabe.Podcast
Katharina Raabe, was kann uns die Literatur über den Krieg erzählen? | Dichtung & Wahrheit #2
Anlässlich des ersten Jahrestages der russischen Invasion in der Ukraine spricht Laura de Weck mit unserer Osteuropa-Lektorin Katharina Raabe.Derzeit beliebt
Eine Chronik des Krieges ‒ in Kolumnen
Wie verändert der Krieg die Bilder? Wie verändert er das Sehen? Wie verändert er diejenigen, die ihm standhalten oder die ihm zuschauen? Mit ihren Fotokolumnen, die zwischen Februar 2022 und Herbst 2024 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen sind, hat Katja Petrowskaja absichtslos eine Chronik des Krieges geschrieben.
Sie beginnt am Vorabend, mit einer Landschaft in Georgien, entlang der Großen Heerstraße. Tiere. Kriegsgefahr liegt in der Luft. Auf der nächsten Seite der Schrei: Mein Kiew! Die unfassbare Realität des Krieges, das Einbrechen des Ungeheuerlichen ins eigene Leben.
Der Krieg verunsichert den Blick. Man sieht Bilder lächelnder Menschen und fragt sich unwillkürlich, ob sie noch leben. Ein Mann steht in einem Loch, mitten auf einer Straße, »als probiere er den möglichen Tod an, als wäre der Tod seine neue Kleidung«. Ein bleiches, lachendes Mädchen, an eine ältere Frau geschmiegt. Aus der Geschichte hinter diesem Bild springt einen hinterrücks die Erkenntnis an, dass selbst das Unwahrscheinliche doch möglich ist – in dieser Zeit auch der Wunder.
Sie beginnt am Vorabend, mit einer Landschaft in Georgien, entlang der Großen Heerstraße. Tiere. Kriegsgefahr liegt in der Luft. Auf der nächsten Seite der Schrei: Mein Kiew! Die unfassbare Realität des Krieges, das Einbrechen des Ungeheuerlichen ins eigene Leben.
Der Krieg verunsichert den Blick. Man sieht Bilder lächelnder Menschen und fragt sich unwillkürlich, ob sie noch leben. Ein Mann steht in einem Loch, mitten auf einer Straße, »als probiere er den möglichen Tod an, als wäre der Tod seine neue Kleidung«. Ein bleiches, lachendes Mädchen, an eine ältere Frau geschmiegt. Aus der Geschichte hinter diesem Bild springt einen hinterrücks die Erkenntnis an, dass selbst das Unwahrscheinliche doch möglich ist – in dieser Zeit auch der Wunder.
Das literarische Dokument einer neuen Realität
»Seit Februar fahren keine Straßenbahnen mehr«. Immer wieder gibt es Momente der Stille in der vom Krieg heimgesuchten Großstadt. Menschen treffen sich an Orten, die noch halbwegs intakt sind: auf dem Fußballplatz, in der Kirche, in einem lichtdurchfluteten Hochhausbüro. Zhadan-Leser treffen Figuren, die sie aus Mesopotamien oder Internat kennen: Leute, bei denen man nie genau wusste, was sie eigentlich tun, ob sie Musiker, arbeitslose Lehrer, Werbeleute, Automechaniker oder unabhängige Experten sind.
Jetzt sind sie mit völlig anderen Dingen befasst: nach der Bombardierung eines Wohngebiets eine alte Frau evakuieren; einen Job für jemanden finden, der als Invalide von der Front zurückgekommen ist; an der Trauerfeier für einen getöteten Kollegen teilnehmen, der eine Einheit an der Front kommandiert hat.
Jede dieser Geschichten prägt sich tief ein. Zhadan findet einen Ausdruck für die Schutzlosigkeit und die radikale Veränderung des Lebens in einer Gesellschaft, die sich daran gewöhnt hat, dass überall der »große Tod« mit herumsteht, wo man sich auch trifft.
Jetzt sind sie mit völlig anderen Dingen befasst: nach der Bombardierung eines Wohngebiets eine alte Frau evakuieren; einen Job für jemanden finden, der als Invalide von der Front zurückgekommen ist; an der Trauerfeier für einen getöteten Kollegen teilnehmen, der eine Einheit an der Front kommandiert hat.
Jede dieser Geschichten prägt sich tief ein. Zhadan findet einen Ausdruck für die Schutzlosigkeit und die radikale Veränderung des Lebens in einer Gesellschaft, die sich daran gewöhnt hat, dass überall der »große Tod« mit herumsteht, wo man sich auch trifft.
Ein bewegender neuer Gedichtband des ukrainischen Friedenspreisträgers
Es sollte ein weiterer Gedichtband werden, schreibt Serhij Zhadan, über die östliche Landschaft im Winter, den nahenden Schnee, die Stimmen in der Luft, die Weinberge, die Stadt am Horizont, die sich mit Lärm und Licht füllt. Doch am 24. Februar 2022, mit Beginn des großen Krieges, brach die Zeit, verstummte die Poesie. Erst Monate später kehrte die Sprache zurück: »Zeit neue Gedichte zu schreiben / Bei den alten weint niemand mehr.«
Eines der wichtigsten Bücher der ukrainischen Gegenwartsliteratur
In Babyn Jar, einer Schlucht bei Kiew, wurden Ende September 1941 mehr als 33 000 Kiewer Juden von den deutschen Einsatzgruppen, der Wehrmacht und lokalen Helfern erschossen.
Die 67 Gedichte der Lyrikerin Marianna Kijanowska, die »Stimmen«, sind fiktive Selbstaussagen von Kiewer Bürgern, die durch die Straßen getrieben wurden, aber auch von anderen, die am Fenster standen oder von ferne die Schüsse hörten. Die nicht-jüdische Ukrainerin klagt und erinnert an die Kiewer Juden, deren Ermordung erst nach und nach den Platz in der Erinnerungskultur der heutigen Ukraine einnimmt. Ihr Gedichtzyklus ist ein Monument aus Stimmen – visionär und verfremdend zugleich.
Die 67 Gedichte der Lyrikerin Marianna Kijanowska, die »Stimmen«, sind fiktive Selbstaussagen von Kiewer Bürgern, die durch die Straßen getrieben wurden, aber auch von anderen, die am Fenster standen oder von ferne die Schüsse hörten. Die nicht-jüdische Ukrainerin klagt und erinnert an die Kiewer Juden, deren Ermordung erst nach und nach den Platz in der Erinnerungskultur der heutigen Ukraine einnimmt. Ihr Gedichtzyklus ist ein Monument aus Stimmen – visionär und verfremdend zugleich.
Einzigartige Einsichten in die aktuelle russische Gesellschaft
Der Morgen des 24. Februar 2022 beginnt für Natascha wie jeder andere Tag. Und dann steht am Schultor die Deutschlehrerin ihrer Kinder und weint. Seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine führt Natascha ein Tagebuch und notiert, was sich in ihr und um sie herum abspielt. Wie sich in ihr lähmende Angst, Scham und Entsetzen breitmachen, während ringsum das Leben weitergeht, als sei nichts geschehen. Wie Einzelne sich trotz drohender drakonischer Strafen zum Protest auf die Straße wagen. Wie das Leiden der Ukraine wahrgenommen wird (oder auch nicht). Und wie die Sprache, das Gespräch unter Druck gerät – wie kann man noch reden und miteinander sprechen in einem Land, das den Gebrauch von immer mehr Wörtern verbietet?
Mit feinem Ohr kartographiert Kljutscharjowa die Sphäre des Inoffiziellen in Russland – das Tagebuch vom Ende der Welt ist ein mutiges Zeugnis, das uns Einblick in eine mittlerweile geschlossene Gesellschaft gewährt.
Mit feinem Ohr kartographiert Kljutscharjowa die Sphäre des Inoffiziellen in Russland – das Tagebuch vom Ende der Welt ist ein mutiges Zeugnis, das uns Einblick in eine mittlerweile geschlossene Gesellschaft gewährt.
Zur aktuellen Lage in der Ukraine
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine sind Tausende Menschen umgekommen, Hunderttausende haben Terror und Zerstörung erlitten, Millionen Bürger sind geflohen. Dennoch: unterstützt vom Westen, halten Staat und Gesellschaft stand. Aus dem Nebel des Krieges entsteht eine neue, ungewisse Zukunft. Die Autorinnen und Autoren des Bandes – Schriftsteller, Wissenschaftlerinnen und Aktivisten, Künstlerinnen und Journalisten – halten die Gleichzeitigkeit fest: die Ruinierung des Lebens und seiner Orte; die zivile und militärische Selbstbehauptung; den Willen, eine neue, friedliche Heimat zu schaffen. Sie beschreiben und analysieren die Situation der traumatisierten Menschen im Krieg – ihre tiefgreifende Veränderung, ihre Fähigkeit, sich in sehr unklaren Zeiten dennoch wiederzufinden.
Beiträge unserer Autorinnen und Autoren aus der Ukraine
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Interview mit dem Autor und Musiker Serhij Zhadan
Interview mit Serhij Zhadan aus dem Jahr 2010, in dem er u. a. über die Kulturszene in der Ukraine und seinen Beruf als Autor spricht.AKTUELLE STIMMEN UNSERER AUTOR:INNEN ZUR SITUATION IN DER UKRAINE
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